31Faulstich, Werner (2002)
Grundkurs Filmanalyse.
München: Wilhelm Fink Verlag
 Fiske, John (1992)
Television Culture.
London: Routledge
32Fiske, John (1992)
Television Culture.
London: Routledge
33Fiske, John (1992)
Television Culture.
London: Routledge
34Faulstich, Werner (2002)
Grundkurs Filmanalyse.
München: Wilhelm Fink Verlag
35Faulstich, Werner (2002)
Grundkurs Filmanalyse.
München: Wilhelm Fink Verlag
36Ward, R. Annalee (2002)
Mouse Morality. The Rhetoric of Disney Animated Film.
Austin: University of Texas Press
37Hißnauer, Christian / Klein, Thomas (2002) (Hg.)
Männer - Machos - Memmen. Männlichkeit im Film.
Mainz: Bender Verlag
38Hißnauer, Christian / Klein, Thomas (2002) (Hg.)
Männer - Machos - Memmen. Männlichkeit im Film.
Mainz: Bender Verlag
 Fiske, John (1992)
Television Culture.
London: Routledge

Figurenanalyse

Allgemein betrachtet lassen sich in Mulan typische Märchenfiguren und Paarungen bzw. Konstellationen wieder finden31:

Figurenpaarungen (u.a.):
Gut vs. Böse: Chinesen vs. Hunnen
Mann vs. Frau: Mulan vs. Shang

Figurentypisierung:
Protagonisten: Mulan und Shang (bei ihnen handelt es sich um mehrdimensionale Figuren, die eine bestimmte Komplexität und persönlichkeitsmäßige Veränderungen aufweisen)
Antagonisten: Die Hunnen und ihr Anführer Shan Yu
Nebenfiguren: Mulans Familie (Vater, Mutter und Großmutter), die drei Soldaten Yao, Chien Po und Ling, der Kaiser, der berater des Kaisers, etc., dazu kommen noch die Disney typischen sidekicks (Mushu, Cri-Kee, Mulans Pferd und Mulans kleiner Hund)

Der russische Strukturalist Vladimir Propp bietet auch hier ein interessantes Modell für die Kategorisierung von Märchenfiguren32:

Bösewicht(e): Hunnen und ihr Anführer Shan Yu
Geber / Versorger (donor): Mulans Ahnen, die ihr Mushu als Helfer zur Seite stellen
Helfer: Mushu, Cri-Kee, Mulans Pferd, Mulans Hund
Sender (dispatcher): Der chinesische Kaiser, welcher den Einberufungsbefehl gibt
Held / Heldin: Mulan und Shang

In seinem Buch Television Culture kommentiert Fiske Propp’s Kategorisierung folgendermaßen:

„[…] Propp’s account of character is concerned only with what a character does in the narrative structure, not with whom her or she is an individual. Character is defined in terms of a ‘sphere of action’: thus the villain fights, opposes, or pursues the hero and commits acts of villainy. Different individual characters may perform the function (or character role) of villain different times in the same narrative. This leads Propp to the conclusion that ‘the functions of characters are stable constant elements in a tale, independent of how and by whom they are fulfilled. They constitute the fundamental components of a tale’”
(Fiske 1992, 137)33.

Laut Werner Faulstich handelt es sich bei dem typischen Helden innerhalb des Märchen Genres um keinen echten Helden, „[…] sondern eine Art Jedermann, an dem exemplarisch etwas exerziert und demonstriert wird. Er hat Leitfunktion für uns, die Zuschauer, und fungiert als Modell […]. Die Morphologie des Märchens weist dem Protagonisten die Paradigmafunktion für die Vermittlung der Moral, der Message zu“ (Faulstich 2002, 104)34. Darüber hinaus beschreibt er in seinem Buch Grundkurs Filmanalyse35 drei verschiedene Charakterisierungsarten von Filmfiguren:

Selbstcharakterisierung: Sprache, Handeln, Musik, Gestik, Stimme, Kleidung, die Art zu Reden, etc.
Fremdcharakterisierung: Eine Figur wird durch eine andere Figur im Film vorgestellt und beurteilt
Erzählcharakterisierung: Die Charakterisierung erfolgt durch die verschiedenen Bauformen (Licht, Kameraeinstellungen etc.) des Films

Zu den in Disney Filmen vorkommenden Charakteren lassen laut Annalee Ward36 einige grundlegende Beobachtungen machen, welche auch auf die in Mulan auftretenden Figuren zutreffen. So sollen sich die Zuschauer (vor allem Kinder) grundsätzlich mit den gezeigten Charakteren identifizieren und im Idealfall deren Eigenschaften übernehmen (dies kann bewusst oder unbewusst passieren). Um dies zu erreichen kreiert Disney Charaktere, die universelle Emotionen und Ängste durchleben, was es Kindern leichter macht sich mit ihnen zu identifizieren. Ferner sollen die meisten Disney Charaktere moralische Botschaften übermitteln. Da diese Botschaften oft in sich widersprüchlich sind, kann es sowohl zu positiven als auch negativen Identifikationen führen. Des Weiteren schafft Disney Identifikation mit Hilfe von narrativen Strategien (z.B. den Taten der Helden), visuellen Bildern (Animationsstil – ein für Disney Zeichentrickfilme typisch realistisch gezeichneter Charakter erleichtert die Identifikation, Farbwahl, etc.), Musik (sie übermittelt die wichtigsten Themen in Disney Zeichentrickfilmen) und Symbolen (auch diese können bewusst oder unbewusst eingesetzt werden).

Für dieses Projekt ist vor allem die Darstellung und Charakterisierung der im Film vorkommenden Figuren im Hinblick auf ihre geschlechtsspezifischen, meist stereotypen Merkmale von großer Bedeutung. In ihrem Buch Männer - Machos - Memmen. Männlichkeit im Film37 führen die beiden Autoren Christian Hißnauer und Thomas Klein eine Tabelle auf, die einen äußerst interessanten Überblick über gängige stereotype maskuline und feminine Eigenschaften bietet:

Stereotype maskuline Eigenschaften
anmaßend grausam selbstherrlich
abenteuerlustig grob stark
aggressiv hartherzig streng
aktiv klar denkend stur
dominant kräftig tatkräftig
egoistisch kühn unabhängig
ehrgeizig laut überheblich
einfallsreich logisch denkend unbekümmert
emotionslos maskulin unerschütterlich
entschlossen mutig unnachgiebig
erfinderisch opportunistisch unordentlich
ergreift die Initiative rational unternehmungslustig
ernsthaft realistisch weise
faul robust  
fortschrittlich selbstbewusst  
 
Stereotype feminine Eigenschaften
abergläubig feminin schwach
abhängig furchtsam sanft
affektiert gefühlvoll sexy
attraktiv geschwätzig träumerisch
charmant liebevoll unterwürfig
einfühlsam milde weichherzig
emotional neugierig  

Nach näherem Betrachten dieser Tabelle wird schnell deutlich, dass sich die aufgeführten stereotypen Eigenschaften in so gut wie allen in Mulan vorkommenden männlichen und weiblichen Charakteren wiederfinden lassen. Ferner lassen sich in Mulan eine Reihe für das Medium Film typische gender-spezifische binären Oppositionen feststellen38:

weiblich konnotiert: männlich konnotiert:
Emotionalität Rationalität
Soziabilität Durchsetzungsfähigkeit / Leistungsstreben
Passivität Aktivität
praktische Intelligenz physische Stärke
häuslicher / privater Bereich des Lebens Öffentlichkeit
wild & unkontrolliert beherrscht
wird kontrolliert kontrolliert
Körper Geist
Natur Kultur
Objekt Subjekt

In der folgenden Figurenanlyse soll deutlich gemacht werden, inwiefern die in Mulan dargestellten Charaktere die oben aufgeführten maskulinen und femininen stereotypen Eigenschaften verkörpern und auf welche Art und Weise sie diese zumindest zeitweise durchbrechen. Dies gilt auch für die bereits erwähnten gender-spezifischen binären Oppositionen, die sich alle in Mulan wieder finden lassen, aber regelmäßig ihre ausführenden bzw. sie verkörpernden Akteure wechseln.