Irrtümer, die den Studenten häufig bei diesem Versuch passieren


"Es wird deshalb {\em v}'=43 angeregt, weil der Franck-Condon-Faktor für den Übergang I2(X, {\em v}''=0 B, {\em v}'=43) am größten ist."

FALSCH, weil:
Es kommt deshalb nur ein spektroskopischer Übergang in Frage, weil bei diesem Experiment mit monochromatischer Strahlung gearbeitet wird. Die von einem 514,5 nm-Photon gelieferte Energie entspricht zufällig der Energiedifferenz zwischen X, {\em v}''=0 und B, {\em v}'=43. Daher sind von vornherein Übergänge nach {\em v}'=42 oder 44 oder... ausgeschlossen.
Die Sache sieht bei einem typischen Absorptionsexperiment anders aus, weil hier mit polychromatischem Licht eingestrahlt wird, so daß jeder spektroskopische Übergang prinzipiell möglich ist.


"Bei diesem Experiment wird I2 in das Vibrationsniveau {\em v}'=43 im elektronisch angeregten Zustand B angeregt. Anschließend erfolgen mehrere strahlungslose Übergänge \Delta {\em v}' = -1, bis im elektronisch angeregten Zustand das Vibrationsniveau {\em v}'=0 erreicht ist. Von dort kommt es zu einem Übergang in verschiedene {\em v}'' im elektronischen Grundzustand."

FALSCH, weil:
Die strahlungslosen Übergänge bedeuten eine Verringerung der Energie der Iodmoleküle. Wenn die Energie nicht durch Emission von Licht abgegeben wird, dann kommen dafür nur noch Stöße mit Nachbarteilchen in Frage. Das Experiment wird bei relativ kleinem Druck durchgeführt (< 1 mbar). Daher treten Stöße hier nur in sehr geringem Umfang auf und spielen kaum eine Rolle. Tatsächlich verbleiben die elektronisch angeregten Iodmoleküle fast vollständig im Vibrationsniveau {\em v}'=43, bis es zum spektroskopischen Übergang in den elektronischen Grundzustand kommt (siehe die Darstellung des LIF-Experiments).
In vielen Lehrbüchern und Vorlesungen wird jedoch das Schema der Fluoreszenzspektroskopie mit den besagten strahlunsglosen Übergängen dargestellt. Das liegt daran, daß sehr oft Fluoreszenzspektren unter anderen Bedingungen als in diesem Versuch aufgenommen werden. Ein wichtiger Fall für Chemiker ist die Aufnahme von Spektren in Lösung (flüssige Phase), wo es sehr viele Stöße gibt.


"Bei dem Franck-Condon-Prinzip kann man mit den Aufenthaltswahrscheinlichkeiten der Atomkerne die Größe der Franck-Condon-Faktoren abschätzen: ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in beiden elektronischen Zuständen an derselben Stelle groß, so kann man einen großen Franck-Condon-Faktor erwarten."

(mindestens teilweise) FALSCH, weil:
Diese Erklärung steht (meist in etwas ausführlicherer Form) in vielen Lehrbüchern. Mit ihr kann man bei vielen Absorptionsexperimenten ganz gut leben. Sie versagt aber gelegentlich bei der Erklärung der Intensitäten in Emissionspektren. Der Grund: tatsächlich spielen bei der Berechnung der Franck-Condon-Faktoren nicht die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten (= Quadrate der Wellenfunktionen) eine Rolle, sondern die Wellenfunktionen selbst. Siehe den Abschnitt über die Berechung von Franck-Condon-Faktoren.


"De ist die elektrische Dissoziationsenergie."

FALSCH, weil:
De wird häufig als spektroskopische Dissoziationsenergie bezeichnet. Der Index e steht nicht für 'elektrisch' oder 'elektronisch', sondern für das Wort equilibrium (Gleichgewicht). Bei dem Gleichgewichtskernabstand Re ist die potentielle Energie minimal. Der Abstand von diesem Minimalwert zur Dissoziationsgrenze entspricht De.


"Bei der Birge-Sponer-Auftragung ist die Fläche unter dem Graphen gleich D0."

KANN FALSCH SEIN, weil:
... es zwei Möglichkeiten gibt, die Birge-Sponer-Auftragung durchzuführen. Bei der didaktisch günstigeren Variante wird \DeltaG gegen {\em v}+1/2 aufgetragen. Nur hier ist die Fläche unter dem Graphen gleich D0 (siehe dazu z. B. Lessinger). In der Anleitung zur Auswertung wird empfohlen, \DeltaG gegen {\em v}+1 aufzutragen, damit die Auswertung etwas leichter fällt. Die Fläche unter dem Graphen ist hier natürlich nicht gleich D0.
Tip: De und D0 lassen sich leicht aus den spektroskopischen Konstanten \tilde{\nu}_e und xe berechnen. Die Integration von Graphen ist also gar nicht nötig.

F1: Index